04.03.2024 – Wie löse ich mich von einem gemeinschaftlichen Testament? – Bindungswirkung gemeinsamer letztwilliger Verfügungen

Wenn Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner ihren Nachlass gemeinsam regeln wollen, können sie ein gemeinschaftliches Testament errichten. Häufig ist ihnen dabei nicht bewusst, dass viele letztwillige Verfügen, die in einem solchen Testament festgehalten werden, eine Bindungswirkung haben. Ein einseitiger Widerruf zu Lebzeiten beider Ehegatten ist möglich, aber an enge formale Voraussetzungen geknüpft. Ist ein Gatte bereits verstorben, bleibt in den meisten Fällen nur die Lösung vom gemeinschaftlichen Testament, zum Beispiel durch eine Ausschlagung des Erbes oder Anfechtung des Testaments.

 

Wechselseitige Verfügungen sind bindend

Letztwillige Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament sind bindend, wenn davon auszugehen ist, dass keiner der Ehegatten eine Regelung ohne die jeweilige Verfügung des anderen getroffen hätte. Eine solche Wechselbezüglichkeit liegt vor, wenn die Verfügungen voneinander abhängen, also miteinander stehen und fallen sollen. Dies wird beispielsweise angenommen, wenn die Ehegatten einander als Erben einsetzen und ihre gemeinsamen Kinder als Schlusserben, sobald auch der länger Lebende verstorben ist. Wird eine wechselbezügliche Verfügung widerrufen oder ist sie nichtig, wird auch die entsprechende andere Verfügung unwirksam.

 

Widerruf zu Lebzeiten beider Ehegatten

Soll ein gemeinschaftliches Testament zu Lebzeiten beider Ehegatten geändert werden, können sie ein gemeinschaftliches Widerrufstestament, ein neues gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag errichten. Ebenso ist es möglich, ein notarielles Testament gemeinschaftlich aus der besonderen amtlichen Verwahrung zurückzunehmen oder das Testament gemeinsam zu ändern oder zu vernichten. Wenn sich nur ein Ehegatte zu Lebzeiten der beiden von dem gemeinschaftlichen Testament lösen will, muss er seinen Widerruf höchstpersönlich bei einem Notar erklären und beurkunden lassen. Die Lösung ist erst wirksam, nachdem der andere Ehegatte eine Ausfertigung der Widerrufserklärung erhalten hat.

 

Gemeinschaftliches Testament bei Scheidung unwirksam

Eine letztwillige Verfügung wird unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers geschieden worden ist. Dies gilt auch, wenn die Voraussetzungen einer Scheidung zum Todeszeitpunkt gegeben waren und der Betreffende die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Eine Ausnahme besteht, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Verfügung auch im Fall einer Scheidung getroffen hätte. Am sichersten ist daher, die letztwillige Verfügung trotz Scheidungsverfahren oder Scheidung zu widerrufen.

 

Kein Widerrufsrecht nach Tod des Erstversterbenden

Verstirbt der erste der beiden Ehegatten, erlischt das Recht des anderen, wechselbezügliche Verfügungen zu widerrufen. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn das Testament eine Öffnungsklausel beinhaltet, laut derer der länger lebende Ehegatte auch nach dem Tod des Erstversterbenden neu testieren darf. Ist dies nicht der Fall, bleibt dem länger Lebenden nur, das Erbe des Ehegatten auszuschlagen, das Testament anzufechten oder einen Zuwendungsverzichtsvertrag mit den Schlusserben zu schließen.

 

Strenge Fristen für Erbausschlagung und Anfechtung

Eine Erbausschlagung muss binnen sechs Wochen, nachdem der Gatte von seiner Berufung als Erbe erfahren hat, erklärt werden. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Anfechtungsgrund eingetreten oder bekannt geworden ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn durch Heirat, Geburt oder Adoption ein neuer Pflichtteilsberechtiger hinzugekommen ist. Die Anfechtungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung. Will ein Erblasser die Anfechtung verhindern, kann er das Hinzutreten eines neuen Pflichtteilsberechtigten als Grund im Testament ausschließen. Ficht der länger Lebende das Testament an, verliert er im Regelfall seinen Anspruch auf das Erbe. Er kann jedoch wieder frei über seinen Nachlass verfügen.

 

Nicht alle Verfügungen sind bindend

Nicht jede Verfügung, die ein Ehegatte in einem gemeinschaftlichen Testament trifft, entfaltet Bindungswirkung. Einseitige Regelungen, die keine Wechselbezüglichkeit haben, können jederzeit und auch nach dem Tod des Erstverstorbenen frei widerrufen werden. Die anderen Verfügungen werden in diesem Fall nicht unwirksam.

Wer sich im Vorfeld von einem Notar zu diesem Thema beraten lassen möchte, findet im Internet unter https://notar.de/ den richtigen Ansprechpartner. Besuchen Sie auch das Online-Verbraucherportal der Notarkammer unter https://ratgeber-notar.de/.

 

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